Nahezu alles, was die Befürworter einer generalistischen Pflegeausbildung sagen und wollen, ist in der Theorie und in der Intention richtig. Doch es gibt einen gravierendenDenkfehler: Die gewünschte und im Prinzip lobenswerte Angleichungzwischen Alten- und Krankenpflege kann nicht gelingen, solange beide Bereiche nach unterschiedlichen sozialrechtlichen Grundlagen finanziert werden. Das SGB V, an dem sich die Krankenpflege orientiert, ist eine Vollkaskoversicherung, die einhundert Prozent der anfallenden Kosten deckt. Das SGB XI hingegen, aus der sich die Altenpflegespeist, ist eine Teilkaskoversicherung, die stets mit einem deutlichen Eigenanteil durch den Versicherten und dessen Angehörige (oder durch einem entsprechenden Zuschuss der Sozialkassen) flankiert werden muss.
Gegen dieses Teilkaskoprinzip im SGB XI ist im Kern auch nichts einzuwenden, denn andernfalls würde die
Pflegeversicherung zum Erbenschutz, bei dem die Solidargemeinschaft finanziert, was an finanzieller Substanz eigentlich für die Pflege aufgewendet werden könnte und sollte. Also, keine grundsätzliche Kritik an diesem System. Aber: Diese unterschiedlichen Finanzierungsgrundlagen haben zur Folge, dass eine Angleichung der Löhne in der Alten- und in der Krankenpflege auf ewig pure Theorie bleiben bmuss, denn der Finanzierungsdruck ist in der Altenpflege, in der die Anbieter eine Ko-Finanzierung gegenüberden Pflegebedürftigen, ihren Angehörigen oder den Sozialkassen verteidigen müssen, zwangsläufig höher als in der Kranken-
pflege, die ihre Forderungen ausschließlich den Kostenträgern und den jeweiligen Arbeitgebern gegenüber durchsetzen muss. Unter dem Vorzeichen dieser Finanzierungsfakten verkehrt sich aber auch das Argument, das Pflegeberufereformgesetz werde, aufgrund der dann gleichen Ausbildungzwischen Alten- und Krankenpflege zu gleichen Löhnen und damit zur Aufwertung der Altenpflege führen, in sein exaktes Gegenteil.
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